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Leistungserwartungen der Lehrperson: Bedeutung von Studien- und Berufswahlmotiven für die Leistungserwartung der Lehrpersonen an die Mathematikleistung der Schülerinnen und Schüler
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Hollenstein, L (2016, März). Leistungserwartungen der Lehrperson: Bedeutung von Studien- und Berufswahlmotiven für die Leistungserwartung der Lehrpersonen an die Mathematikleistung der Schülerinnen und Schüler. Beitrag präsentiert an der Vorkonferenz der 4. GEBF-Tagung, 07.-08. März 2016, Berlin.
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Fields of Science and Technology (OECD)
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Die Diskussion über den Einfluss der Erwartungen einer Lehrperson auf das Verhalten ihrer Schülerinnen und Schüler und letztlich auch auf dessen Lernerfolg geht weit zurück. 1968 haben Rosenthal und Jacobson den so genannten Pygmalioneffekt im Unterricht festgestellt. Bei ihrer empirischen Untersuchung zeigt sich, dass sich Schülerinnen und Schüler, die die Lehrperson als besonders lernfähig glaubte, deutlich verbesserten (Rosenthal & Jacobson, 1968). Obwohl diese Studie aufgrund von einigen methodischen Mängeln im Nachhinein stark kritisiert wurde, konnten Folgestudien ebenso einen Effekt nachweisen. Dies macht deutlich, dass die Leistungserwartung der Lehrperson nicht zu unterschätzen ist (Good & Nichols, 2001; Hattie, 2009; Nash, 1978; Rubie-Davies, Peterson, Sibley, & Rosenthal, 2015). Leistungserwartungen sind also für den Lernerfolg in der Schule wichtig. Aufgrund der selbsterfüllende Prophezeiung neigen Lehrpersonen dazu Schülerinnen und Schülern, von denen sie mehr erwarten anders zu behandeln, damit ihre Erwartungshaltung in Erfüllung geht (Good & Nichols, 2001). Sie bekommen mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung (Hanisch, 1992). Bei niedriger Leistungserwartung hingegen geben Lehrpersonen eine kürzere Wartezeit nach Fragen, rufen schneller andere Schülerinnen oder Schüler auf und schenken Unterrichtsbeiträgen weniger Aufmerksamkeit (Fischer & Rustemeyer, 2007). Lehrpersonen beeinflussen also die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, weil sie (geleitet von ihren Erwartungen) aussuchen was sie lernen und lenken wie gut sie dies lernen (Good & Nichols 2001). Das Verhalten der Lehrperson, was als ein wichtiger Mediator für die Leistungserwartung gilt (Fischer & Rustemeyer, 2007; Hanisch, 1992; Rubie-Davies et al., 2015), wird von berufsspezifischen Motiven geleitet (Dorsch, Häcker, & Stapf, 1987). Motive sind ein Teil der motivationalen Orientierung der professionellen Lehrerkompetenz (Baumert & Kunter, 2011) und haben dispositionalen Charakter sowie affektiv bewertenden Einfluss auf Zielzustände (Kuhl, 2001). Motivation ist der Auslöser eines Motivs oder mehrerer Motive, die die Ausrichtung auf einen Zielzustand aktivieren (Rheinberg, 2004) und zu einer Handlung oder zumindest zu einer kognitiven Umstrukturierung führen. Studien- und Berufswahlmotive sind zum einen grundlegend für die Entscheidung eine Lehrerausbildung zu beginnen und später im Lehrberuf tätig zu sein. Zum anderen beeinflussen sie die Entwicklung professioneller Kompetenzen und somit den beruflichen Erfolg von Lehrpersonen. Affolter, Hollenstein und Brühwiler (2015) konnten zeigen, dass Lehrpersonen sich in ihren Studien- und Berufswahlmotiven unterscheiden und identifizierten mittels latenter Profilanalyse (LPA) drei Motivprofile: Lehrpersonen sind entweder idealistisch, realistisch oder selbstbewusst pragmatisch. Die idealistischen Lehrpersonen sind vor allem pädagogisch-intrinsisch motiviert. Lehrpersonen, die zu den Realisten zählen, sind sowohl stark intrinsisch als auch extrinsisch motiviert. Selbstbewusste Pragmatikerinnen und Pragmatiker zeigen niedrige Berufs- und Studienwahlmotive in Bezug auf die Praxisorientierung sowie die Wissenschafts- und Familienorientierung. Inwieweit die Studien- und Berufswahlmotive eine Veränderung in der Leistungserwartung bewirken wurde bisher kaum untersucht. Folgende konkrete Fragestellungen interessieren in diesem Beitrag: 1. a) Welche Leistungserwartungen haben Lehrpersonen an die Mathematikleistung ihrer Schülerinnen und Schülern nach drei Jahren im Beruf? b) Wie unterscheiden sich die Erwartungshaltungen zwischen Primar- und Sekundarlehrpersonen? c) Bestehen Differenzen zwischen den Leistungserwartungen am Anfang und am Ende des Schuljahres? 2. a) Welche Zusammenhänge lassen sich zwischen der Erwartungshaltung und den Studien- und Berufswahlmotiven finden? b) Wie unterscheiden sich die identifizierten Motivprofile in ihrer Erwartungshaltung? 3. Bewirken die Studien- und Berufswahlmotive eine Veränderung in der Leistungserwartung? Da der Effekt der Leistungserwartung stark vom Verhalten der Lehrperson abhängt und die Motive wiederum das Verhalten beeinflusst, liegt es nahe, dass sich die Leistungserwartung je nach Motivausprägung unterscheidet. Zu erwarten ist, dass Lehrpersonen, die den Motivprofilen Idealismus und Realismus angehören höhere Leistungserwartungen an das Mathematikwissen ihrer Schülerinnen und Schüler haben, als die selbstbewussten Pragmatikerinnen und Pragmatiker. Es wird vermutet, dass die Berufswahlmotive eine Veränderung in der Leistungserwartung bewirken. Als Datengrundlage dient die vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte, Längsschnittstudie "Wirkung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf professionelle Kompetenzen, Unterricht und Schülerleistung" (WiL). Das Design der Längsschnittstudie umfasst vier Messzeitpunkte: (1) Anfang des Studiums, (2) Ende des Studiums, drei Jahre nach der Ausbildung am (3) Anfang des Schuljahres und am (4) Ende des Schuljahres. Bis in den Beruf konnten von 55 Lehrpersonen und ihren Klassen (knapp 1000 Schülerinnen und Schüler) Daten erfasst werden. Die 55 Lehrpersonen setzen sich aus 30 Primar- und 25 Sekundarlehrpersonen zusammen. Durch multinominale Regression soll der Zusammenhang zwischen der Leistungserwartung und den Studien- und Berufswahlmotiven überprüft werden. Um der geschachtelten Datenstruktur gerecht zu werden, wird die Wirkung der Motive auf die Leistungserwartung mittels Mehrebenen-Strukturgleichungsmodellen analysiert. Erste deskriptive Analysen mittels Mplus Version 6.0 (Muthén & Muthén, 1998-2006) zeigen, dass die Leistungserwartungen der Lehrperson (eingeschätzt durch die Schülerinnen und Schüler) grundsätzlich hoch sind. Die Primarstufenlehrpersonen zeigen höhere Leistungserwartung als die Sekundarstufenlehrpersonen. Am Anfang des Schuljahres haben die Lehrpersonen signifikant höhere Leistungserwartungen als am Ende. Weitere Analysen und Ergebnisse werden in Hinblick auf die Bedeutung der Veränderung der Studien- und Berufswahlmotive und der Entwicklung einer hohen Leistungserwartung während der Lehrerausbildung und im Beruf diskutiert.
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